Die Strickomis von der Mützenfarm

In dem kleinen Ort Pöytyä nordöstlich von Turku stricken unzählige Rentnerinnen was das Zeug hält. Aus selbst produzierter Wolle entstehen Mützen, Schals und vieles mehr. Mittlerweile werden die Produkte in 16 Ländern rund um die Welt verkauft. Aber jedes einzelne Produkt ist individuelle Handarbeit, die die jeweilige Strickerin mit ihrer Unterschrift garantiert.

Anna und Janne Rauhansuu, Foto: Myssyfarmi

Anna und Janne Rauhansuu, Foto: Myssyfarmi

Die Gründer des Unternehmens Myssyfarmi, auf Deutsch Mützenfarm, Janne und Anna Rauhansuu, waren beide vorher in ganz anderen Bereichen tätig. Janne bereiste als Profisurfer die ganze Welt und Anna hat in einer Werbeagentur in Helsinki als Designerin Karriere gemacht.

Nachdem Janne die Surfparadiese der Südsee hinter sich ließ und zurück in seine Heimat Pöytyä kehrte, hat er das Stricken erlernt. Mit viel finnischem Sisu entstand so der erste Prototyp der Wollmütze.  Anna wiederum hat sich vorgenommen, ein Modelabel zu erschaffen, das nichts mit dem herkömmlichen Begriff „Mode“ zu tun hat. Sie haben sich auf dem alten Familienhof niedergelassen und beschlossen, die Produktion ihres Bauernhofes auf authentische Bioprodukte umzustellen. Dazu gehörte auch die Anschaffung von Finnschafen.

Die Finnschafe der Myssyfarmi, Foto: Myssyfarmi

Die Finnschafe der Myssyfarmi, Foto: Myssyfarmi

Sie zählen zu einer Gruppe von alten, ursprünglichen Landschafrassen, die unter dem Begriff Nordische Kurzschwanzschafe zusammengefasst werden. Ebenfalls zu den nordischen Kurzschwanzschafen zählen z.B. die Heidschnucken.

Anna und Janne strickten um die Wette, aber alleine konnten sie nicht mehr die wachsende Nachfrage nach ihren Wollmützen befriedigen. Also taten sie, was man auf dem Lande üblicherweise tut: sie baten die Nachbarn um Hilfe. So entstand erst einmal ein kleiner Kreis von Helferinnen, die resolut und mit viel Strickerfahrung an die Arbeit gingen. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen mehr als 70 Rentnerinnen, die mit Begeisterung ihr Hobby zum Beruf gemacht haben.

Fröhliche Gemeinschaft

Treff bei Kaffee und Kuchen, Foto: Myssyfarmi

Treff bei Kaffee und Kuchen, Foto: Myssyfarmi

Für die strickbegeisterten Rentnerinnen ist das Arbeiten für die Myssyfarmi eine willkommene Gelegenheit, einerseits zusätzliches  Geld zu verdienen, um sich besondere Wünsche erfüllen zu können. Andererseits bietet es für viele auch die Chance, aktives Mitglied einer Gemeinschaft zu sein, die sich regelmäßig trifft und gemeinsame Interessen teilt. Einmal im Monat werden im Gemeinschaftsraum der Farm bei Kaffee und Kuchen der neueste Tratsch ausgetauscht, gelacht und natürlich die aktuellen Modelle und Aufträge verteilt. Das eigentliche Stricken erfolgt individuell zu Hause, im Mökki oder wo auch immer sich die Strickomis gerade befinden. So kann jeder in seinem eigenen Tempo arbeiten und sich die Arbeitszeit nach den eigenen Bedürfnissen einteilen. Mittlerweile gibt es bereits eine Warteliste für interessierte Seniorinnen.

Luxuswolle aus Finnland

Die begeisterten Strickerinnen, Foto: Myssyfarmi

Die begeisterten Strickerinnen, Foto: Myssyfarmi

Nicht nur der Herstellungsprozess macht die Strickmützen so einzigartig, auch die dafür verwendete Wolle ist etwas ganz Besonderes. Ähnlich wie bei der Merinowolle sind die Schuppen der Fasern der Finnschafwolle nach innen gerichtet, so dass die Wolle besonders weich ist. Die für die Mützen verwendete Wolle wird sehr schonend gewaschen, damit das natürliche Wollfett, das Lanolin, erhalten bleibt. Lanolin hält die Wolle weich, hautfreundlich und von Natur aus wasser- und schmutzabweisend.

Das Färben der Wolle erfolgt in Handarbeit auf der Mützenfarm. Durch den langwierigen und arbeitsintensiven Färbeprozess behält die Wolle ihre Flauschigkeit und die Farben erscheinen besonders lebhaft. Zum Färben verwendet man auf der Mützenfarm säurearme Farben, die erst durch das Zufügen von Zitronensäure am Garn haften. Im Gegensatz zum maschinellen Färben wird die Wolle etwas ungleichmäßiger gefärbt und erhält damit ihre Einzigartigkeit und Schönheit.

Leuchtende Farbenpracht, Foto: Albert Romppanen

Leuchtende Farbenpracht, Foto: Albert Romppanen

Die Wolle der eigenen Finnschafe der Mützenfarm reicht schon lange nicht mehr aus, um die große Nachfrage zu befriedigen. Finnschafzüchter liefern weitere Rohwolle, die in Finnland gewaschen und zu Wollgarn gesponnen wird. Wegen der geringen Marktpreise, die für Schafwolle gezahlt werden, gibt es nur noch wenige Wollspinnereibetriebe in Finnland. Bis zu 60 % der Schafwolle landet gar im Müll. Durch die Fokussierung auf Biowolle als Rohmaterial wird gleichzeitig ein neuer Standard für die Marktpreise in Finnland gesetzt und die Schafzüchter werden ermutigt, auf Bioproduktion umzusatteln.

Man kann die Mützen von der Myssyfarmi entweder direkt im Online-Shop kaufen oder bei Wiederverkäufern, die es bereits in 16 Ländern gibt. Mittlerweile gibt es auch KnitKits – eine Box mit allem, was man benötigt, um eine Mütze selbst zu stricken. Tipps und Anleitungen mit vielen Videos gibt es auf der Website der Myssyfarmi.

Foto: Myssyfarmi