Foto: Meyer Werft Turku

 

Zehn Jahre Meyer Turku – ein Hoch auf die Werft trotz stürmischer Zeiten

In letzter Zeit haben sich die negativen Schlagzeilen über die Meyer Werft sowohl auf der deutschen als auch auf der finnischen Seite gehäuft.

Die Präsenz in den Medien gilt zurzeit – verständlicherweise –   vorwiegend der Finanzkrise. Dabei kommt das Jubiläum von Meyer Turku leider viel zu kurz: Seit genau zehn Jahren ist die finnische Werft im Besitz der Familie Meyer und diese deutsch-finnische Kooperation hat bisher reichlich Früchte getragen.

Am 4. August 2014 bestätigte Familie Meyer, Eigner der deutschen Meyer Werft in Papenburg, die Übernahme eines 70 % -Anteils an der Werft in Turku. Im April 2015 übernahm die Meyer Werft auch die verbliebenen 30 Prozent vom finnischen Staat und ist seitdem 100-prozentiger Eigentümer der Meyer Turku OY.

Wichtiger Meilenstein

Nicht umsonst wurde dieser Schritt als wichtiger Meilenstein innerhalb der finnischen Industrie bezeichnet: Der Wert einer Schiffslieferung entspricht bis zu einem Prozent des jährlichen Exportgewinns von ganz Finnland. Der Anteil am globalen Schiffsbau beläuft sich auf 15 %.

Die Werft in Turku-Perno ist mit einer Fläche von 144 Hektar eine der größten in Europa und hat sich aufgrund des starken technologischen Know Hows und des einzigartigen maritimen Clusters international einen Namen gemacht. Das Trockendock hat eine Länge von 365 Metern, wodurch neben Fährschiffen auch große Kreuzfahrtschiffen der Postpanamax-Klasse gebaut werden können.

Rekorde gebrochen

Mit dem Bau des gröβten Kreuzfahrtschiffs der Welt, der Icon of the Seas der US-Reederei Royal Carribean hat man letztes Jahr diese Kompetenz beweisen können. Mit Platz für bis zu 7600 Passagieren plus 2350 Crewmitgliedern und einer Bruttoraumzahl (BRZ) von 250.800 und vielen ausgeklügelten technischen Finessen bricht die Icon Rekorde. Zwei weitere Schiffe folgen diesem Prototyp; 2026 soll die dritte Icon in Turku fertiggestellt werden.

Die weiteren beständigsten Auftraggeber sind Carnival Cruise und TUI Lines.  Mein Schiff 7 hat am 10.6.2024 die Turkuer Werft verlassen.

Meyer Papenburg und Meyer Turku bilden als Schwesterunternehmen zusammen mit der Neptun-Werft in Rostock die Meyer Group. Dabei arbeitet sich dieses Trio effektiv zu: So wurde z.B. der Maschinenraum des Icon Prototyps von Rostock aus über die Ostsee nach Turku gezogen.

Herausforderungen der Zukunft

Die gute Auftragslage brachte jahrelang die von zahlreichen Take Overs und Unstetigkeit gebeutelte Turkuer Werft in ruhigere Fahrwasser. Kontinuität und Zuversicht in die Zukunft wurden auch durch die enormen Investitionen von rund 300 € Mio. in die in die Jahre gekommene Werft signalisiert. Die Rufe nach umweltschonenden Lösungen werden immer lauter und auch Meyer Turku hat sich zunehmend Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Spagat zwischen Nachhaltigkeit und steigenden Produktionskosten wird jedoch immer schwieriger.

Zitterpartie trotz Glanzleistungen in einer unberechenbaren Branche

Tatsächlich mutet es paradox an, dass trotz der enormen Glanzleistungen im Kreuzfahrtschiffsbau, dem weiter anhaltenden Kreuzfahrtboom und im Vergleich zum Vorjahr gestiegenem Umsatz harte Verluste eingefahren wurden.

Die Schaffung von smart cities und Luxuswelten auf See steht in hartem Kontrast zu dem sehr rauen Wind, der im Schiffsbau-Segment weht. Die Reeder zahlen lediglich 20 Prozent des Kaufpreises bei der Bestellung, die restlichen 80 Prozent erst bei der Fertigstellung. Man kann sich ausmalen, welchen Druck – wie z.B. im Falle von Corona oder des Ukraine-Krieges- nicht vorhersehbare Preissteigerungen   bei den Werften auslösen. Denn diese müssen jeweils in Vorkasse gehen – komme, was wolle.

Werftführungen: Hands on – Impressionen zwischen Stahlschnitt und Schweißen

Im Gegensatz zum Papenburger Konzept mit riesigem Besucherzentrum finden die Touren auf der Meyer-Werft per Bus inmitten des Werftgeschehens statt. Somit ist es mit etwas Glück möglich, Arbeitsprozesse direkt vor Ort hautnah zu beobachten und z.B. den Transport riesiger Grand Blocks durchs Busfenster aus nur wenigen Metern Abstand zu verfolgen.

Ein “Chaos mit System” wird dem Besucher auf dem Werftgelände konkret vor Augen geführt: Die Anzahl der verschiedenen Materialien, aus dem ein Schiff besteht, ist enorm. Ein Kreuzfahrtschiff besteht aus rund 15 Mio. Teilen, die gelagert und logistisch verwaltet werden müssen!

Die Kräne der Meyer Werft – bleibende Wahrzeichen Turkus


Foto: Meyer Werft Turku

Ein Teil der in die Meyer Werft investierten Millionen deckt die Kosten für den 2018 installierten neuen Kran ab.

Mit einer Hebekapazität von 1200 t ergänzt dieser den alten Kran aus dem Jahre 1976 und sorgt dafür, dass im Vergleich zu früher die dreifache Last gestemmt und umgedreht werden kann – eine ideale Voraussetzung für Meyers Blockbauprinzip.

Goliaths Querbalken mit einem Gewicht von 2500 t wurde übrigens in Zusammenarbeit mit Konecranes eigens auf dem Turkuer Werftgelände angefertigt.

Dahinter steckte der Wunsch, etwas Bleibendes zu schaffen – denn die Lieferung der jeweils mit Herzblut fertiggestellten Schiffe ist bei der Belegschaft oft mit Abschiedsschmerz verbunden.

David und Goliath, wie die Mitarbeiterschaft das effiziente Gespann liebevoll nennt, suchen im europäischen Norden ihresgleichen und sind als eindrucksvolles maritimes Wahrzeichen schon von Weitem zu sehen. Mögen sie allen Widrigkeiten zum Trotz auch weiterhin eine erfolgreiche deutsch-finnische Kooperation symbolisieren. Wir wünschen viel sisu und drücken die Daumen.

Glückwunsche zum Jubiläum, Meyer Turku, und volle Fahrt voraus!

 

Fotos: Meyer Werft

Text: Birgit Griese-Saarinen (Fideco)                      https://www.fideco.fi/

Birgit Griese-Saarinen ist Freelance-Guide auf der Meyer-Werft in Turku und optimiert durch interkulturelle Coachings und Trainings die deutsch-finnische Zusammenarbeit.

Das Herz der Finninnen und Finnen schlägt für die Natur und das darin stehende Sommerhäuschen, gerne auch am Wasser gelegen. Es gibt im ganzen Land verteilt mehr als 500 000 kesämökkis.

Das statistische Amt Finnlands zählte im Jahr 2020 insgesamt 508 289 Sommerhäuschen. Die höchste Anzahl verzeichnet die Region Kuopio mit 10 500, danach kommen Mikkeli, Parainen, Savonlinna und Hämeenlinna.

Mehr Mökkis als Wohnungen

Nützliche Beschäftigung im Mökkiurlaub: Holzhacken für die Sauna.

Die ”Sommerhausdichte” kann auch durch den Vergleich der ständig bewohnten Wohneinheiten mit der Anzahl der Sommerhäuschen abgebildet werden. Dann stechen die eher dünn besiedelten Regionen hervor. In mehr als 63 Kommunen Finnlands gibt es mehr Sommerhäuser als ständig bewohnte Häuser oder Wohnungen. Zu solchen Kommunen zählen z.B. Parainen, Kuusamo Kemiönsaari, Mäntyharju und Puumala.

Am dichtesten stehen Sommerhäuser in den Kommunen Kustavi, Kaskinen und Naantali, dort gibt es 15-19 Sommerhäuschen pro Quadratkilometer. Insbesondere zu juhannus spricht man von einem Mittsommermultiplikator, d.h. um wieviel erhöht sich die Einwohnerzahl um Mittsommer? In Kustavi in den Schären vor Turku ist er mit 5,2  am höchsten. Im Gegenzug ist der ”Schwund” mit nahezu 50 % in Kauniainen im Großraum Helsinki am höchsten.

Die Anzahl der Sommerhäuser stieg mit 46 % am rasantesten in den 1980er Jahren. Damals wurden jährlich mehr als 10.000 neue Sommerresidenzen fertiggestellt. Seit der Jahrtausendwende waren es noch jährlich mehr als 4000, in den letzten Jahren allerdings nur noch etwa 2000 pro Jahr. Das Interesse der jüngeren Generation an einem Sommeridyll im Grünen hat nachgelassen, was sich auch in den Preisen niederschlägt.

Größere Sommerresidenzen in der Nähe bevorzugt

Die Neubauten sind allerdings deutlich großer als die älteren Sommerhäuser. Die durchschnittliche Größe der nach 2010 fertiggestellten Ferienhäuser beträgt 72 m². Die durchschnittliche Größe aller Ferienhäuser liegt jedoch bei 49 m². Der Anteil der größeren Feriendomizile, d.h. mit einer Wohnfläche von mehr als 60 m², lag 2020 bei 25 %.

Die finnischen Mökki-Besitzer bevorzugen eher kürzere Anfahrtswege zu ihrem Sommerhäuschen. Bei 64 % der Mökki-Besitzer liegt das Sommerhäuschen in derselben Region (maakunta) wie auch der ständige Wohnsitz, bei einem Drittel sogar in derselben Kommune. Auf den Ålandinseln und in Lappland trifft es auf 90 % der Mökki-Besitzer zu. Die durchschnittliche Entfernung zwischen Heim und Sommerhäus beträgt 92 km, der Median allerdings 39 km. D.h. die Hälfte der Mökkifahrten sind höchstens 39 km lang. Nur die Mökki-Besitzer in der südlichen Region Uusimaa müssen weitere Anfahrtswege in die umliegenden Regionen in kauf nehmen. Dort liegt der Durchschnitt bei 167 km.

Das Durchschnittsalter aller finnischen Mökki-Besitzer lag 2020 bei 63 Jahren, bei Neubauten bei 55 Jahren. Lediglich 7 % der Eigentümer sind jünger als 40 Jahre. Überraschend erscheint die Tatsache, dass fast 60 % aller Mökki-Besitzer in einem Einfamilien- oder Doppelhaus wohnen. Die ”Stadtflucht” scheint also nicht der wesentliche Grund für die Vorliebe eines Sommerurlaubs im eigenen Häuschen zu sein.

Die Prioritäten mögen sich im Laufe der Jahrzehnte etwas verändert haben, aber das Mökkileben steht nach wie vor sehr hoch im Kurs bei der finnischen Bevölkerung!

 

Elements of AI hat Millionengrenze überschritten

Bereits in 2018 hat die Universität Helsinki gemeinsam mit dem Unternehmen MinnaLearn das Lernprogramm Elements of AI entwickelt, das mittlerweile in vielen Sprachen kostenlos zur Verfügung steht. Es wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, den Menschen Grundlagenkenntnisse im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) zu vermitteln, unabhängig von ihrem Hintergrund oder ihrer Erfahrung in diesem Bereich.

Ville Valtonen
Foto: MinnaLearn

Das Programm ist eines der populärsten Online-Programme zum Thema KI weltweit und bietet Basiswissen in einer leicht verständlichen Weise mit Hilfe von praxisbezogenen Beispielen. Im Laufe der vergangenen fünf Jahre wurde das Programm in 26 Sprachen übersetzt und mehr als eine Million Menschen aus 170 verschiedenen Ländern haben die online verfügbaren Kurse abgeschlossen.

„Das Überschreiten der Millionengrenze zeigt, dass der Inhalt des Lernprogramms aktueller denn je ist. Es gab in letzter Zeit eine Vielzahl von neuen KI-Anwendungen, die bereits ein fester Bestandteil des täglichen Arbeitsalltags sind. Das Verstehen der KI-Logik, deren Zuhilfenahme sowie der kritische Umgang damit sind wichtige Fähigkeiten“, hat der Gründer und Geschäftsführer von MinnaLearn, Ville Valtonen, in einem Interview gesagt.

Autodidaktisch und interaktiv

Das Lernprogramm besteht aus umfangreichem Material zum autodidaktischen Lernen sowie interaktiven Inhalten und Aufgaben. Der Arbeitsaufwand beträgt etwa 30 Stunden. Der Teilnehmende lernt die mit KI zusammenhängenden Fachbegriffe, Anwendungsmöglichkeiten und die Grenzen der KI kennen. Codierungskenntnisse werden dabei nicht vorausgesetzt.

Herkömmliche Fortbildungsprogramme sowie die IT-Branche generell sind traditionell eher männerlastig. Elements of AI hat jedoch viel Beachtung auch bei Frauen gefunden: 40 % der Teilnehmenden sind weiblich. Eine weitere starke Gruppe bilden Teilnehmende, die älter als 45 Jahre sind, insgesamt mehr als 25 %.

In 2019 wurde Elements of AI zum besten Online-Lernprogramm in der Kategorie Computer Science gewählt. Damit hat es Kurse, die von Spitzenuniversitäten wie Stanford, MIT und Harvard entwickelt worden sind, hinter sich gelassen.

Fortbildung für Mitarbeiter

MinnaLearn Team
Foto: MinnaLearn

Bereits in der Planungsphase des Kurses war absehbar, dass die KI immer mehr Einzug ins alltägliche Leben halten würde. Heute sind viele KI-Anwendungen wie die Textproduktion für viele Menschen selbstverständlicher Bestandteil ihrer Arbeit.  Deshalb ist es umso wichtiger, dass möglichst viele die Chancen der KI erkennen, aber dennoch einen kritischen Blick darauf beibehalten.

Die Universität Helsinki und MinnaLearn entwickeln das Programm weiter und passen es auch auf die Bedürfnisse von Unternehmen an. Mittlerweile gibt es eine Kurseinheit Elements of AI for Business, die den Einfluss und die Anwendungsmöglichkeiten aus dem Blickwinkel von Wirtschaftsunternehmen erläutert. In Finnland haben schon mehr als 250 Unternehmen ihre Mitarbeiter mit Hilfe von Elements of AI mit den Grundkenntnissen von KI vertraut gemacht.

 

Weitere Informationen

Elements of AI 

MinnaLearn