Spürbare Auswirkungen von Corona auf die Wirtschaft Finnlands

Das finnische Wirtschaftsforschungsinstitut Pellervon Taloustutkimus (PTT) hat in seiner volkswirtschaftlichen Prognose einen starken Rückgang des Bruttoinlandsproduktes für die erste Jahreshälfte vorausgesagt. Je nachdem, wie lange sich die Erholungsphase nach der Pandemie hinzieht, wird die Volkswirtschaft Finnlands um 3 – 6 Prozent in diesem Jahr schrumpfen.

Corona legt alles lahm

In allen von der Pandemie betroffenen Ländern musste die Gesellschaft unter strikten Notverordnungen und Kontaktregelungen nahezu zum Stillstand gebracht werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von ernsthaften Epidemien sind immer groß, aber normalerweise dauern sie nicht sehr lange an und die Wirtschaft kann sich danach schnell erholen. Im Fall des Coronavirus sieht es jedoch danach aus, dass es sich nicht so schnell eindämmen lässt, so dass man sich längerfristig auf Probleme in der Wirtschaft einstellen muss. Viele europäische Länder, ebenso wie die USA, befinden sich noch in der Anfangsphase des Ansteckungsprozesses. Damit werden nach PTT die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft auch im positivsten Szenario in der gesamten ersten Jahreshälfte spürbar sein. Auch in Finnland stellt man sich auf eine weitere Zuspitzung ein.

Finnische Wirtschaft stark betroffen

Nach Einschätzung von PTT hat die Coronaepidemie starke Auswirkungen auf die finnische Wirtschaft. Im Unterschied zur Finanzkrise der 1990er Jahre kommt der Auslöser diesmal von außerhalb der Wirtschaft. Damals wuchs die Arbeitslosigkeit wegen der Probleme in der Industrie und der Produktion, heute ist der personalintensive Dienstleistungssektor als erstes betroffen.

Kurzfristig betrachtet wird die Epidemie die Einkommenssituation des größten Teils der Menschen in Finnland nicht verändern. Die Produktion ist in Finnland nicht heruntergefahren worden, wie es z.B. in China geschah. Die meisten gehen weiterhin zur Arbeit, viele arbeiten im Homeoffice. Auch die finanzielle Situation von Rentnern und Menschen, die von staatlichen Unterstützungsgeldern abhängig sind, ändert sich nicht.

Veränderte Nachfrage beeinflusst Außenwirtschaft

Der starke Rückgang der Nachfrage und die Veränderung des Konsumentenverhaltens werden allerdings massiv den finnischen Außenhandel beeinflussen. Die europäische Fahrzeugproduktion ist nahezu gestoppt, was sich negativ auf die Ein- und Ausfuhren der Autobranche niederschlägt. Der Rückgang der Investitionen in Europa und den USA wiederum wirkt sich negativ auf den Export von Maschinen und Maschinenteilen aus.

Die Forstwirtschaft wird gemäß PTT voraussichtlich mit geringeren Blessuren davonkommen. Die Nachfrage nach Papier und Holzprodukten geht zurück, jedoch wird die Coronakrise einen positiven Effekt auf die Nachfrage nach Zellulose und Karton haben: der Konsum von Weichpapier und Einwegprodukten steigt und die Verlagerung der Einkäufe auf das Online-Geschäft steigert die Nachfrage nach Verpackungsmaterialien.

Krise des Bankensektors

Der größte Risikofaktor ist nach PTTs Einschätzung die Tatsache, dass die Probleme der Realwirtschaft und der starke Rückgang auf den Finanzmärkten zu einer Krise des Bankensektors führen werden. Bei vielen Unternehmen sind die Einnahmen weggebrochen, so dass sie kurzfristig ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können. PTT warnt davor, eigentlich gesunde Unternehmen fallen zu lassen, weil dann viele Produktionskapazitäten vernichtet werden. Wenn dies geschieht, kann man nicht von einer schnellen Erholung der Wirtschaft ausgehen. Viele Staaten und Zentralbanken haben massive Fördermaßnahmen in Aussicht gestellt, damit die schlimmste Phase möglichst rasch überwunden wird. Finnlands Regierung hat ein Paket in Höhe von 15 Mrd. Euro geschnürt und liegt damit im mittleren Bereich.

Eindämmung der Pandemie hat Vorrang

„Die vorrangige Aufgabe ist dennoch das Lösen der Gesundheitsprobleme und das Eindämmen der Epidemie. Sonst haben die weiteren Maßnahmen letztendlich keine Wirkung“, sagt Janne Huovari von PTT. Die allgemeine Verschuldungssituation der Länder wird sich dramatisch verschlechtern. Im internationalen Vergleich sind Finnlands Staatsschulden jedoch relativ niedrig, so dass Finnland auch eine höhere Neuverschuldung verkraften könnte, um die Auswirkungen der Coronakrise auf die finnische Wirtschaft abzumildern.

Pellervon Taloustutkimus PTT

Seit 40 Jahren liefert PTT Forschungsdaten und Prognosen über die wirtschaftlichen Entwicklungen in Finnland. PTT ist ein Wirtschaftsverein, dessen Mitglieder in erster Linie aus Akteuren in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Lebensmittelwirtschaft bestehen. Darunter sind ebenso privatwirtschaftliche und börsennotierte Aktiengesellschaften, Versicherungsunternehmen sowie Genossenschaften.

Quelle: www.ptt.fi

Foto: Visit Finland/Julia Kivelä